WHEN IN ROME... EMBRACE
Ein Freund erzählte mir. Ein Freund, der auch Geliebter war, aber. Einfach als Freund erzählte er mir das Freundlichste. Was ich seit langer Zeit hörte, hat mich und ihn zutiefst berührt.
Gehalten.
Er sei ja vor einigen Jahren - und auch noch mitten in der Coronazeit - mit seiner jetzigen Gefährtin in Rom gewesen. Das war das beste an der Pandemie, dass die Straßen einfach leerer waren und die wenigen Besucher die Stadt fast für sich allein hatten. Es war wohl auch die neue Liebe, die die Unheimlichkeit der Zustände zurückweichen und sie überhaupt reisen ließ. Sie streiften umher, mit diversen losen Kulturvorhaben, diejenige Kirche, denjenigen Platz, dieser Brunnen - offen für Verzauberung besuchten sie seine Sehnsuchtsorte, geprägt von Katholizismus, Archtitektur und Beständigkeit. Ich kenne nur einen - ihn - der so stark sich verband mit der Kultur einer Kirche. Sie war ihm selbstgefundenes Zuhause, Heimat, ja, Liebe. E certo, anche i ristoranti, quando sono aperti.
Nur wenige Tage ihr Aufenthalt, den nächstbesten frühen Abend kehrten sie spontan ein auf ihrem Streifzug: Eine öffentlich zugängliche Vesper lag auf dem Weg, Mönche hielten in der nicht gerade kleinen San Paolo fuori le mura eine Abendandacht und einige Reisende besuchen ihr Singen. Den schönsten Einklang ergaben wohl die Stimmen und die Hörenden; Hamonien bildeten einen Klangkörper, der alle und alles miteinander vereinte, ein weiter Schall, eine zweite, unsichtbare Architektur: Ein neuer Raum.
Dahinein in diesen Raum setzte ein Wimmern an wie ein Frequenzkeil. Ein Stöhnen trieb das Unisono auseinander, weitete sich zum Jammerlaut, zum Geheule - zum unausgesetzten Wutschrei. Eine schwarze Frau mittleren Alters klagte an, schrie ihren Schmerz hinaus, sie fand alleine keine Ruhe mehr.
Da löste sich eine Gestalt aus den Singenden, ein Mönch schritt ruhig auf die Frau zu und nahm sie ohne Zögern und ohne Hast in den Arm. Sie ebbte ab in ihrem Lautsein, immer mehr, bis sie wieder Teil der Harmonie sein konnte und erleichtert in seinen Armen schwieg.
Sie ließen sich, er kehrte zurück zu seinen Brüdern, die Vesper nahm weiterhin ihren angedachten Verlauf und bald darauf leerte sich die Basilika wieder zugunsten einer wartenden Stille.
Ohne im Geringsten zu übertreiben, ist diese Begebenheit das Schönste und Bewegendste, was ich je von der katholischen Kirche gehört habe.